Sorge vor neuem Schulbrennpunkt in Nord

Warum der bevorstehende Umzug der Leibnizschule an den Neustädter See manche Bauchschmerzen bereitet

Die IGS „Regine Hildebrandt“ und die Gemeinschaftsschule „Gottfried Wilhelm Leibniz“ werden nach den kommenden Winterferien Nachbarn sein. Beide Schulleiter haben deswegen große Sicherheitsbedenken.

Seit Beginn dieses Schuljahres nutzen Schüler der Integrierten Gesamtschule (IGS) „Regine Hildebrandt“ einen neu errichteten Anbau am Schulgebäude Pablo-Neruda-Straße 12 als Außenstelle. In das Hauptgebäude, in dem derzeit noch Sanierungsarbeiten laufen, soll in den Winterferien 2022 die Gemeinschaftsschule „Gottfried Wilhelm Leibniz“ ziehen. Sie ist derzeit noch an der Hegelstraße zu finden. Nun äußern die Leiter beider Schulen Bedenken wegen des künftigen Zusammenlebens.

Mit der benachbarten Grundschule „An der Klosterwuhne“ werden dann über 2000 Schüler an einem Standort konzentriert sein. Speziell zwischen den Schülern der weiterführenden Einrichtungen sehen deren Leiter Konfliktpotenzial. Eine mögliche Lösung wird Thema im Stadtrat sein. Die Volksstimme fasst die Problematik zusammen: Das sagt Roman Schöpp, Leiter der Gemeinschaftsschule „Gottfried Wilhelm Leibniz“: „Es gibt arge Bedenken wegen der Sicherheitssituation“, erklärt er. Bei der ersten Elternkonferenz für die neuen Fünftklässler hätten viele Eltern von dem anstehenden Umzug gar nichts gewusst, drei meldeten ihr Kind direkt ab. Grund: Bereits jetzt gebe es an beiden Standorten erhebliche Probleme mit Kriminalität und Gewalt. So habe er im vorigen Schuljahr innerhalb von zwei Wochen vier Anzeigen stellen müssen, sagt Schöpp. Unter anderem hatten Schüler Waffen mit in die Schule gebracht. Dabei seien es aber nur einige wenige Schüler, die dafür verantwortlich sind, betont er. Der Migrationsanteil liege mittlerweile bei 74 Prozent, 34 Nationen lernen unter einem Dach. Eine Integration sei damit trotz aller Bemühungen der Kollegen kaum mehr möglich, meint er.

Hilferufe an die Verantwortlichen würden verhallen.

Und die Schülerzahl soll am neuen Standort noch wachsen, von 350 auf 550. Seine Sorge: Durch die Zusammenlegung der Standorte wird ein neuer Brennpunkt geschaffen. Grundlegende Probleme ergeben sich durch die gemeinsame Nutzung des Gebäudes. Wer ist für die Aufsicht zuständig? Welche Kompetenzen hat ein Lehrer der einen Schule gegenüber einem Schüler der anderen Schule?

„Einen organisatorischen Super-Gau“, nennt es Schöpp. Im Elternrat gebe es sogar den Gedanken, auf private Kosten einen Sicherheitsdienst anzuheuern, erzählt er. „Dabei freuen wir uns eigentlich auf eine tolle, moderne Schule“, betont er. „Optisch und technisch ist sie ein Traum.“ Da die IGS ohnehin Kooperationspartner für ein mögliches Abitur der Leibnizschüler ist, ergeben sich auch Vorteile. Dennoch ist er sich sicher, dass Probleme vorprogrammiert sind.

Das sagt Torsten Schulz, Leiter der Integrierten Gesamtschule „Regine Hildebrandt“: Er teilt die Ansicht seines Kollegen. „Die Sicherheitslage ist nicht gut. Wir werden eine Vermischung nicht verhindern können“, sagt er. Auch er habe schon Anzeigen gegen Schüler stellen müssen, unter anderem wegen Körperverletzung. „Die Ordnung und Sicherheit muss gewährleistet sein“, sagt er. Doch auch für ihn stellt sich die Frage, wer für was zuständig ist. Wer hat die Schlüsselgewalt? Die Verbindung zwischen Anbau und Altbau könne nicht einfach verschlossen werden, um die Schüler voneinander zu trennen, da es sich um einen Fluchtweg handelt. Zudem müssten Schüler und Lehrer einen zusätzlichen Weg auf sich nehmen, da noch ein Gebäude, der Stadtteiltreff „Oase“, zwischen Hauptgebäuden und Anbau liegt. Der Schulstandort Pablo-Neruda-Straße besteht zwar schon seit über 40 Jahren. Früher gab es sogar noch eine Schule mehr. Doch damals sei die Sicherheitslage eine ganz andere gewesen, meint Torsten Schulz. Für ihn sei die gesamte Planung schiefgelaufen, da ein Anbau auf dem eigenen Gelände sinnvoller gewesen wäre. „Das strebe ich weiterhin an“, sagt der IGS-Leiter bestimmt.

Das sagt Mandy Höft, Vorsitzende Schulelternrat Leibnizschule: „Ich teile die Bedenken der Pädagogen aufgrund diverser Vorkommnisse an beiden Schulen durch verhaltensauffällige Schüler.“ Straftaten, verbale Übergriffe, Bedrohungen und unbefugte Zutritte zum Gelände und zu den Gebäuden zählt sie auf. Zweierlei Gewaltpotenzial würde aufeinanderprallen. „Um im Vorfeld präventiv gegenzusteuern, kam die Forderung von uns nach einem Sicherheitsdienst“, sagt sie. Da die Probleme bekannt seien, die Behörden es aber ignorieren würden, werde man „im Eskalationsfall dementsprechend Maßnahmen ergreifen“. Details würden mit den Elternräten besprochen. „Der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen hat absolute Priorität“, sagt Mandy Höft.

Das sagt die Stadtverwaltung: Auf Volksstimme-Anfrage teilt Stadtsprecher Michael Reif mit, dass das Problem in der beschriebenen Form nicht bekannt sei. Im Zuge der Planungen für den Umzug der Leibnizschule seien Gespräche mit den Schulleitern geführt worden. „Dabei wurde auch die Sorge vor einem Anstieg von Konflikten geäußert“, erklärt er. Deshalb sei die räumliche Trennung mit einem Zaun seitens der IGS gewünscht worden. „Dies ist aber allein schon wegen des Brandschutzkonzeptes, einschließlich der Feuerwehrzufahrten, baurechtlich nicht möglich“, teilt Reif mit. Auch ein Sicherheitsdienst sei keine Option, um Probleme zwischen Schülergruppen zu beheben. Stattdessen werde überlegt, den Stadtteiltreff „Oase“ einzubeziehen, um Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. „Dieser könnte mit Angeboten für die Jugendlichen unterstützend wirken“, so der Stadtsprecher. Wie dies konkret aussehen kann, ist noch offen. Fragen wie die zur Pausenaufsicht lägen in der Eigenverantwortung der Schulen. „Grundsätzliche Zielstellung aller Akteure vor Ort sollte das auskömmliche und einvernehmliche Miteinander sein“, erklärt Michael Reif.

Das will der Stadtrat: In der Sitzung am Donnerstag hat das Thema auch den Stadtrat erreicht. Ein interfraktioneller Antrag beschäftigt sich mit der Problematik am Schulstandort Pablo-Neruda-Straße. Eine ungewöhnliche Allianz aus SPD, CDU und Linke hat sich dafür zusammengefunden. „Eine zuverlässige Trennung der Schülerinnen und Schüler beider Schulen ist durch Vermischung auf dem Schulhof und die durch den jeweils anderen Gebäudeteil verlaufenden Fluchtwege nicht zu gewährleisten“, heißt es in dem Antrag unter anderem. Es entstünden „Gesundheitsgefahren durch zusätzliches Konfliktpotenzial und hygienische Beeinträchtigungen“. Statt der gemeinsamen Nutzung der Pablo-Neruda- Straße 12 sollten die beiden Hauptgebäude der IGS durch einen Neubau verbunden werden, so der Vorschlag der Antragsteller. Ein Konzept soll von der Verwaltung erstellt werden. Der Antrag wurde zunächst zur weiteren Diskussion in die Fachausschüsse überwiesen.

(Quelle: Volksstimme, 06.11.2021)

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Kommentare: 1
  • #1

    André (Montag, 08 November 2021 20:34)

    Es wird Zeit das es Sicherheitsdienst an Schulen gibt, ansonsten wird es noch schlimmer als es schon ist.

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