Machbarkeitsstudie analysiert Für und Wider der 50-Millionen-Investition — und warnt vor Risiken
Wäre ein Großaquarium für Magdeburg sinnvoll? Dieser Frage geht eine Machbarkeitsstudie nach. Sie kommt zum Ergebnis: Ja, das Projekt „Maquaria — Elbe und Mee(h)r“, so der Titel, ist möglich, aber es gibt auch Risiken.
Es ist mit Sicherheit das ambitionierteste Freizeitprojekt, das zurzeit in Magdeburg diskutiert wird: ein Großaquarium, das sich mit vergleichbaren Einrichtungen weltweit messen können soll. Ziel der Ideengeber des Zoos, in persona Zoochef Kai Perret, ist es, Magdeburg um eine Attraktion reicher zu machen, die vor allem auch den Tourismus weiter ankurbeln soll. Im Raum steht als Eröffnungstermin das Jahr 2025. Um das Für und Wider des Projektes auszuloten, hat der Zoo eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, umgesetzt wurde sie von der „Beratungsgesellschaft für Beteiligungsverwaltung Leipzig mbH“ in Zusammenarbeit mit der Hochschule Harz (Institut für Tourismusforschung). Untersucht wurden touristische Effekte, Einzugsgebiete, Kosten-Nutzen-Erwartungen und vieles mehr. Auch haben die Analysten Vergleiche zu Großaquarien in Europa und Übersee gezogen. Am Ende kommen die Fachleute zu einem durchwachsenen Ergebnis.
Hier einige Auszüge aus der Studie:
� Investition: rund 50 Millionen Euro.
� Betriebskosten: rund 10,7 Millionen Euro pro Jahr.
� Einnahmen: zwischen 10,5 Millionen und 11,5 Millionen Euro pro Jahr (je nach optimistischer, realistischer oder pessimistischer Einschätzung der Besucherentwicklung). Eine realistische Einschätzung geht davon aus, dass nach zehn Jahren ein Überschuss (Gewinn) von insgesamt rund 600 000 Euro erreicht wird, eine optimistische Einschätzung von einem Überschuss von insgesamt 9,9 Millionen Euro. Eine pessimistische Einschätzung errechnet allerdings, dass innerhalb von 10 Jahren ein Gesamtverlust von rund 8,8 Millionen Euro zu verbuchen sein könnte. Dann wäre das Aquarium für die Stadt ein Zusatzgeschäft.
� notwendige jährliche Besucherzahl: mindestens 400 000, um nicht in eine Verlustzone zu geraten.
� notwendiger Eintrittspreis: 20 Euro für Erwachsene, 15 Euro für Kinder.
� Größe: rund ein Hektar Grundfläche, drei- bis vierstöckiges Gebäude, moderne Architektur mit starker Ausstrahlung.
� Standort: Bevorzugt wird ein Standort am Zoo, um Synergieeffekte zu nutzen und damit sich der Zoo und das Aquarium nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Das Problem: Am Standort Zoo fehlt ausreichend Gelände für Parkplätze.
� Profil: Das Aquarium sollte die Themen „Elbauenlandschaft“ (Fokus Fischotter), „Wellenbecken“ (Seehunde), „offenes Meer“, „Korallenriff“, „Amazonasmündung“ und „kleinere Amazonasbecken“ umsetzen. Wichtig dabei ist eine Hauptattraktion als Besuchermagnet und ein klares Alleinstellungsmerkmal.
� Einzugsgebiet: großes Potenzial, da vergleichbare Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen weit genug entfernt von Magdeburg liegen.
� Verkehrsanbindung: gute Anbindung an Autobahnen, zentrale Lage in Europa, allerdings nicht optimale Bahnverbindungen wegen fehlenden ICE-Halts in Magdeburg.
� Tourismus: Das Großaquarium könnte dem Tourismus in Magdeburg deutliche Impulse geben und mehr Besucher in die Stadt locken, was sich mit einem gesamtwirtschaftlichen Erfolg für die Stadt bemerkbar machen würde.
� Werbung: Um eine möglichst große Flächenwirkung zu erzielen und Maquaria bekannt zu machen, wird ein Werbeetat von 20 Prozent des jährlichen Umsatzes in den ersten beiden Jahren vorgeschlagen.
� Fördermittel: Finanzielle Zuwendungen aus öffentlichen Landes-, Bundes- und Europa-Fördertöpfen zu bekommen, wird als schwierig eingeschätzt.
� Schlussfolgerung der Gutachter: Die Kosten-Nutzen-Analyse zeige je nach ausgewähltem Szenario ein positives oder stark negatives Bild. Ausgehend von den realistischen Besucherpotenzialen zeigt sich in einem 10-Jahres-Horizont ein insgesamt positiver Nutzeneffekt für den Zoo, die Stadt Magdeburg und das Land Sachsen-Anhalt. Das optimistische Szenario deute das Potenzial einer touristischen Attraktion, wie es das Maquaria werden könne, an.
Jedoch müsse darauf hingewiesen werden, dass Besucherpotenziale jenseits der 400 000 mit dem aktuell geplanten Konzept nach kaufmännisch vorsichtiger Einschätzung als „sehr ambitioniert anzusehen“ sei.
Die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse legen nahe, dass bei einer Realisierung mit den aktuell vorliegenden Konzepten ein wirtschaftliches Restrisiko im realistischen Szenario nicht ausgeschlossen werden könne, so die Gutachter in einer Schlussbetrachtung.
(Quelle: Volksstimme, 18.12.2018)
Kommentar schreiben