67 Besucher sprachen sich gegen, nur neun für das Vorhaben am Neustädter See aus
Keine Begeisterung für eine Freilegung der Schrote zeigten Anwohner bei einer Bürgerversammlung. Ihnen geht es u. a. um Fragen von Sicherheit und Sauberkeit.
Im voll besetzten Versammlungsraum des Stadtteiltreffs „Oase“ ist am Montag die Freilegung der Schrote auf mehr als 900 Metern am Neustädter See diskutiert worden. Seit den 1970er Jahren fließt das Gewässer hier durch einen geschlossenen Betonkanal (siehe Karte). Während die Stadtverwaltung auf den ökologischen Wert eines solchen Projektes verweist, lehnt die Mehrheit der Anwohner das Vorhaben ab: Neun der Besucher stimmten nach der Diskussion für das Vorhaben und 67 dagegen. Vier Gäste der Veranstaltung enthielten sich der Stimme.
Sicherheit: Sorge bereitet mehreren Anwohnern die Kinder könnten in das Gewässer fallen und zu Schaden kommen. Insbesondere die Nähe eines beliebten Spielplatzes und eines Rodelbergs zum möglichen Lauf der Schrote könnte zu Unfällen führen. In einem Winkel von etwas mehr als 20 Grad würde es an einer Böschung um 3,25 Meter bis zur Sohle der Schrote vonseiten der Wohnbebauung in die Tiefe gehen. Auf der Seite zum Neustädter See wäre die Böschung niedriger.
Verschmutzung: Mit Blick auf verschmutzte und zugewachsene Ufer am Neustädter See befürchten Anwohner, dass die Schrote zu einem Müllabladeplatz verkommen könnte. Da reiche es nicht, dass der Landeshochwasserbetrieb das Gewässer regelmäßig entkraute und – anders als abseits der Siedlungen – den Schnitt und den Schlamm aus dem Bach mitnehme.
Übergänge: An mehreren Stellen würden Brücken entstehen. Das reicht nicht, hieß es auf der Bürgerversammlung. Gerade an Tagen mit schönem Wetter seien in dem Bereich so viele Menschen unterwegs, dass hier der Zugang auf großer Breite erhalten bleiben müsse.
Bäume: Dass mehr als 30 Bäume für das Naturschutzvorhaben fallen sollen, stößt auf Kritik. Selbst wenn an gleicher Stelle neue Gehölze entstehen würden.
Platz: Zwar darf das Gelände über dem Schrotekanal nicht bepflanzt werden. Anwohner sehen es dennoch nicht nur als „Abstandsgrün“. Unter anderem werde die Strecke gern von Fußgängern genutzt, die mit ihren Hunden unterwegs sind.
Pro Freilegung: Als Argumente für eine Freilegung wurden die Durchlässigkeit für Lebewesen, vor allem aber die Stärkung der Selbstreinigungskraft des Gewässers genannt. „Ohne eine Freilegung wird das nicht möglich sein“, so Baudezernent Dieter Scheidemann. Außerdem rechnen die Planer mit einer Verbesserung des Klimas entlang dem Fließgewässer, was durch den benachbarten Neustädter See nicht zu erreichen sei. Zudem könne mit einem Fließgewässer ein attraktiver Raum geschaffen werden – was allerdings nicht mit Visualisierungen belegt werden konnte.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Dieter Scheidemann klar gemacht, dass die Freilegung der Schrote eine Chance für die Stadt wäre: Rund 95 Prozent der knapp sechs Millionen Euro schweren Investition würden als Fördergeld fließen und würden den Stadthaushalt daher nicht belasten. „An einer anderen Stelle können die Fördergelder nicht eingesetzt werden, da wir die Bedingungen nicht erfüllen können“, so Dieter Scheidemann. Untersucht worden war die Freilegung von Fließgewässern auch an vier weiteren Stellen: an der Großen Sülze in Alt-Olvenstedt, an der Schrote in Stadtfeld-Ost in der Freiligrathstraße und an der Sieverstorstraße in Alte Neustadt sowie an der Klinke in Südost.
Falls die Verwaltung das Vorhaben trotz des Bürgervotums in den Stadtrat einbringt, hat dieser zum Thema das letzte Wort.
(Quelle: Volksstimme, 24.10.2018)
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