Zoodirektor Perret: Im Stadtrat zeichnet sich Vergebung ab

Voraussichtlich im März entscheidet sich die Zukunft Kai Perrets als Geschäftsführer der Zoo gGmbH: Verlängerung oder Ausschreibung?

Im November 2014 hielten der Oberbürgermeister und der Stadtrat die Ausschreibung der Zoodirektorenstelle ab 2017 einhellig für geboten. Gut ein Jahr später hat sich das Blatt gewendet. Eine Ratsmehrheit plädiert auf Vergebung der vormaligen Verfehlungen von Kai Perret und auf Verlängerung seines Dienstvertrages über das Jahresende 2016 hinaus – ohne Ausschreibung. In trockenen Tüchern ist Perrets Weiterbeschäftigung damit noch nicht. Voraussichtlich im März entscheidet der Stadtrat zur Personalie.

Rückblende: Am 6. November 2014 stimmt der Stadtrat von Münster darüber ab, wer den dortigen Zoo künftig leiten soll. Zur Wahl steht nur ein Kandidat: Kai Perret. Die über Perrets Abschiedspläne nicht informierte Kommunalpolitik in Magdeburg, zuvorderst Lutz Trümper, hat Schaum vorm Mund. Perret will sich ohne Vorwarnung mitten in der Vertragslaufzeit und aus einem halbfertigen Zoo – eben im 25 Millionen Euro schweren Umbauprozess nach seinen Vorstellungen – verabschieden? Die Runde macht zum Anlass auch ein früheres Bewerbungsverfahren um die Zooleitung in München. Auch dort hat Perret mitgemischt, aber nach eigener Aussage von sich aus den Rückzug angetreten.

Im November 2014 fällt Perret vor dem Münsteraner Stadtrat unerwartet durch. Seine Bewerbung scheitert nach Tierschützerprotesten knapp bei Stimmengleichheit. Das ohnehin zookritische Tierschutzlager lastet Perret bis heute an, dass er 2008 einen schwerwiegenden Fehler beging. Damals ordnet er die Tötung von drei nicht reinrassigen Tigerwelpen an, um den Platz des Magdeburger Zoos im Erhaltungszuchtprogramm nicht zu gefährden. Der Fall macht bundesweit Schlagzeilen. Zoologen stellen sich auf Perrets Seite. Das Gericht ahndet sein Vorgehen als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz mit einer Geldstrafe.

In der Folge muss Perret schon 2011 um die Verlängerung seines Dienstvertrages in Magdeburg bangen; letztlich entscheidet sich bei nur fünf Gegenstimmen eine Ratsmehrheit für seinen Verbleib. Der Rat räumt Perrets unbestrittenen Verdiensten bei der Entwicklung des Zoos mehr Gewicht ein als seiner Verfehlung am Tigernachwuchs.

Unisono erachtet der Rat – speziell jene, die sich 2011 auf Perrets Seite stellten – die heimliche Wegbewerbung 2014 nach Münster als erneute Verfehlung. Neben Lutz Trümper attestieren im November 2014 alle Fraktionen ein erschüttertes Vertrauensverhältnis und erachten die Ausschreibung der Zoodirektorenstelle ab 2017 als nötig – Perret könne sich ja wieder bewerben, nach Bewährungsfrist sozusagen. Genau ein Jahr nach dem neuerlichen Eklat um den Zoochef, im November 2015, hört sich das schon anders an. Auf Nachfrage erklären alle Fraktionsvorsitzenden mit Ausnahme von Wigbert Schwenke (CDU/FDP/BfM), dass „der Ärger verdampft“ sei (SPD-Fraktionschef Jens Rösler). Man könne sich eine Weiterbestellung Perrets als Zoochef inzwischen wieder vorstellen.

Zoochef arbeitet an einem Entwicklungskonzept

Den Hintergrund des Sinneswandels in ihren Fraktionen erklären deren Vorsitzende mit der guten Entwicklung des Zoos unter Perrets Führung; „solide Arbeit“ (Linksfraktionschef Frank Theile). Der Umbauprozess liegt gut im Plan und zeitigt bei sinkendem Zuschuss aus der Stadtkasse (von über 3 auf 2,7 Millionen Euro) Besucherzuwächse (rund 270 000 Gäste pro Jahr).

Am Jahresende 2015 hat der Oberbürgermeister alle Ratsfraktionen nun sinngemäß angefragt: Wie weiter? Stelle ausschreiben oder Perrets Vertrag verlängern? Auf Volksstimme-Nachfrage erklärt Trümper jetzt, dass eine Mehrheit für Verlängerung plädiere – bis auf eine Fraktion. Wo die Perret-Kritiker sitzen, verrät Trümper nicht, aber es lässt sich leicht herleiten. Die Fraktion CDU/FDP/BfM, deren Vorsitzender Schwenke schon im November 2015 die größte Distanz zu Perret beschrieb, bleibt auf Ausschreibungskurs. Fraktionschef Schwenke: „Der Sinneswandel der anderen kommt für uns überraschend. Ich kann ihn mir nicht recht erklären.“ Die 17 Stimmen von Schwenkes Fraktion im 56-köpfigen Rat reichen allerdings nicht für einen Perret-Sturz. OB Trümper selbst gehört keiner Ratsfraktion an und sagt auf die Frage, wie er persönlich zur Frage Weiterbestellung oder Ausschreibung stehe, schlicht nichts: „Dazu möchte ich noch mal mit Herrn Perret sprechen.“

Unabhängig vom Ergebnis dieses Gesprächs kündigt Trümper eine Beschlussvorlage für den Stadtrat an: „So, wie von einer Mehrheit der Fraktionen gewünscht, wird die Verwaltung die Verlängerung des Vertrages mit Herrn Perret vorschlagen.“ Voraussichtlich im März soll der Rat endgültig abstimmen. Perret selbst hatte nach seiner gescheiterten Bewerbung in Münster mehrfach bekräftigt, seine berufliche Zukunft an der Elbe zu sehen und bestätigt auch gestern auf Nachfrage: „Ich arbeite gerade am Entwicklungskonzept 2017+ für den Magdeburger Zoo und möchte es im Februar im Aufsichtsrat vorstellen.“ Und selbstverständlich, so Perret, wolle er das Konzept auch sehr gerne selbst umsetzen. Für die Zooleitung nach 2016 stehe er zur Verfügung.

(Quelle: Volksstimme, 20.01.2016)

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