Gute Freunde in Vietnam

Magdeburger Jugendtreff „Oase“ pflegt seit zwölf Jahren einzigartiges Patenschaftsprogramm


Die Anträge sind gestellt und die Hoffnung ist groß, dass sie auch wieder bewilligt werden. Der Austausch des Jugendtreffs Oase mit Schülern aus Vietnam soll diesmal dem Thema Umwelt und Klimawandel gewidmet werden. Zuletzt waren deutsche Jugendliche in Vietnam.


„Als wir wieder in Deutschland waren, haben wir das gleich gemerkt.“ Zum zweiten Mal ist die 23-jährige Julia Hosang im Oktober in Vietnam gewesen. Nicht von der Schule aus und auch nicht als privat organisierte Reise, sondern unter der Regie des Stadtteiltreffs „Oase“ an der Pablo-Neruda-Straße. Julia Hosang würde jederzeit wieder fahren, „allein schon wegen der Mentalität der Menschen“, sagt sie. Die Vietnamesen seien viel offener und herzlicher, „man wird dort wirklich mit offenen Armen empfangen“.


Petra Sonnenberg, die die Patenschaften seit 2002 organisiert, ist stolz. Schließlich sei der „Oase“-Treff der einzige in Europa, der eine Partnerschaft mit Vietnam pflegt. Das jedenfalls sei ihr in Vietnam erzählt worden. Von daher wundert es nicht, dass der Besuch der Jugendlichen aus Deutschland für die Gastgeber etwas Besonderes war. „Sie sind uns hinterhergelaufen, wollten Fotos machen, sogar Autogramme haben“, erzählt Julia Hosang, noch immer beeindruckt von ihrer Reise nach Vietnam. Das Südchinesische Meer, die Hauptstadt Hanoi, die Kaiserstadt Hue mit 300 000 Einwohnern – in Vietnam gebe es viele sehenswerte Orte, auch wenn das Land arm sei.  

Doch es gab auch Gewöhnungsbedürftiges. „Zum Frühstück gibt es dort zum Beispiel Nudelsuppe“, erzählt Ali Aziz Kader, zum Mittag Reis. Brot, Brötchen und Brotaufstriche wie Marmelade und Nutella gebe es dort nicht. Das sei nicht so verbreitet. Es sei eben eine ganz andere Kultur. Die Jugendlichen aus Deutschland haben das nicht nur an der Gastfreundschaft gemerkt, sondern auch an der Dankbarkeit, die die Menschen zeigen. Für den 21-Jährigen sei der Besuch in einem Waisenhaus das bewegendste Ereignis gewesen – ein Tag, der alle Emotionen beinhaltet habe. Die Gäste aus Deutschland verteilten unter den Kindern Gummitierchen, „und selbst die wollten sie noch mit uns teilen“, erzählt er. Und wenn er selbst meinte, er sei in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, weiß er in der Rückschau: „Es ging mir gut.“ Ali Aziz Kader absolviert eine Ausbildung zum Erzieher. Und in dieser Hinsicht ist ihm noch ein großer Unterschied aufgefallen: der Respekt, mit dem vietnamesische Kinder Erwachsenen gegenübertreten.

Jenny Happe, 16 Jahre, gehörte ebenfalls zur Reisegruppe. Und sie schöpft sogar ein wenig Ansporn für die Schule aus den Besuchen in Vietnam. Bei einem Englisch-Contest hätten zirka 150 Schüler in einem großen Raum gesessen, und das etwa zwei bis zweieinhalb Stunden lang. Dennoch sei es dort ruhig geblieben.


Wenn die vietnamesischen Jugendlichen nach Deutschland kommen, ist das für sie eine richtige Auszeichnung. Die Eltern stehen dahinter und wollen angesichts schwieriger Verhältnisse im Land, dass ihre Kinder den höchstmöglichen Schulabschluss erreichen.

Viele der jungen Leute wollen in Europa, in Deutschland studieren. Für die Jugendlichen aus Magdeburg wäre das eine Freude – schließlich könnte es auf diese Weise ein Wiedersehen mit Freunden geben, die sie in den zwei Wochen in Vietnam gefunden haben.

Die Patenschaft ist im Jahr 2002 durch einen Wettbewerb entstanden. Der 1. Preis war eine Reise nach Vietnam. Diesen Preis teilte sich der Jugendtreff Oase mit dem Magdeburger Norbertusgymnasium. Nach der Reise war für Petra Sonnenberg klar: „Das muss weitergeführt werden.“ Nicht nur, dass dadurch ein faszinierendes Land entdeckt werden könne. Jugendliche, deren Eltern eine solche Fahrt normalerweise nicht bezahlen könnten, würden durch die Förderung des Bundesministeriums für Familien und Soziales ebenfalls mitreisen können. Angesichts aktueller Diskussionen sei das wichtig. Schließlich würden die Jugendlichen auf diese Weise weltoffener werden und Interesse für andere Kulturen entwickeln. Sprachbarrieren werden mit Englisch überbrückt. Außerdem reist eine Dolmetscherin mit. Meistens sind auch einige Jugendliche aus Deutschland mit vietnamesischen Wurzeln dabei, die ebenfalls helfen können, wenn es Verständnisschwierigkeiten gibt. Die Fahrten stehen in jedem Jahr unter einem bestimmten Motto. Im Oktober, wenn die jungen Vietnamesen nach Deutschland kommen, geht es um das Thema „Klimawandel – Sciencefiction oder Realität. Wie geht Deutschland mit dieser Thematik um?“ Beim Gegenbesuch im darauffolgenden Jahr in Vietnam steht das gleiche Thema im Fokus.

Die Jugendlichen aus der „Oase“ sind sich einig: „Das muss unterstützt werden.“ Und dankbar sind sie auch der Projektleiterin Petra Sonnenberg, ohne die es den Austausch nicht geben würde.

(Quelle: Volksstimme, 04.02.2015)

Bilder der Reise unter Bildergalerie "Oase"


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