Die Bestellung als neuer Chef des Allwetterzoos Münster geriet für Kai Perret gestern Abend zur Zitterpartie. Nach heftigen Tierschützerprotesten waren SPD, Grüne und Linke in Münster auf Distanz zu Perret gegangen, was seine zuvor als sicher geltende Mehrheit im dortigen Stadtrat ins Wanken geraten ließ. Währenddessen schloss Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) auf Volksstimme-Nachfrage noch vor dem Entscheid in Münster eine Zukunft für Perret als Magdeburger Zoochef aus. "Wir suchen ab sofort einen neuen Zoodirektor. Den Ausschreibungstext haben wir bereits fertig." Für Kai Perret ging es gestern Abend in Münster also beruflich um alles oder nichts.
In der Westfalen-Stadt wurde in nicht öffentlicher Sitzung bis in den späten Abend um die Personalie Perret gerungen. Um 21 Uhr informierte Münsters Rathaussprecher Joachim Schiek die Volksstimme: "Die Bestellung von Herrn Perret als Zoodirektor in Münster wurde bei Stimmengleichheit abgelehnt." Perret hatte der Redaktion gegenüber gestern Abend Minuten zuvor am Telefon zu Protokoll gegeben, er habe seine Bewerbung in Münster unmittelbar vor der Abstimmung zurückgezogen. Dem Stadtrat in Münster wurde dies nach Aussage von Sprecher Schiek allerdings nicht bekannt. Perret kann die Verwirrung nicht aufklären und sagt, als die Volksstimme ihn umgehend vom Abstimmungsergebnis in Münster in Kenntnis setzt: "Dann ist das jetzt so."
Derweil schlugen die Wogen der Empörung über Perret in Magdeburg und Münster schon zuvor gleichermaßen hoch. Trümper kommentierte Perrets Karrierepläne trocken mit der Formel: "Reisende soll man nicht aufhalten." Das Stadtoberhaupt stand Perret seit seinem Amtsantritt als Zoodirektor in Magdeburg 2003 auch in schwierigen Zeiten zur Seite, unterstützte seine ambitionierten und nicht unumstrittenen Ausbaupläne und hielt ihm auch die Stange, als sich Perret nach der Tötung von drei Tigerwelpen 2008 heftigen Anfeindungen und 2011 einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ausgesetzt sah. Ebendiese Vorgänge sorgten jetzt in Münster für die letztlich erfolgreiche Anti-Perret-Front.
Trümper hatte sich 2011 für Perrets Verbleib am Magdeburger Zoo und die Vertragsverlängerung bis 2016 stark gemacht. Jetzt fühlt er sich vom einstigen Hoffnungsträger vorgeführt. "Er hat sich schon einmal in München beworben, das aber bestritten und mich sowie den Aufsichtsrat glatt belogen." Auch von Perrets Bewerbung in Münster erfuhr Trümper nach eigener Aussage nicht von ihm selbst, sondern vor vier Wochen unter der Hand. "Bereits da stand für mich fest, dass wir einen neuen Zoodirektor brauchen. Wer sich zweimal wegbeworben hat, für den ist eine Vertragsverlängerung in Magdeburg ausgeschlossen." Perret steht beruflich vor dem Nichts. Trümper wirft ihm Illoyalität vor. Klaus Kutschmann (Bund für Magdeburg), Stadtrat, Tierarzt und Vizechef des Zoo-Aufsichtsrates, formuliert es so: "Ich kann verstehen, dass jemand wie Perret eine neue Herausforderung sucht. Aber nicht so und zu diesem Zeitpunkt. Das gehört sich nicht. Das macht man nicht."
Der Zooausbau erfolgt just nach Perrets Vorstellungen. Im Februar 2015 startet der nächste Bauabschnitt samt Erweiterung. Für viele Kommunalpolitiker kamen Perrets Pläne zum Weggang absolut zur Unzeit. Auch Magdeburger Tierschützer wie Bettina Fassl (Tierschutzallianz) machte es gestern "fast sprachlos", dass Perret die Stadt "mit einer aus Größenwahn entstandenen Megabaustelle zugunsten seiner Karrierepläne sitzen lässt". Allerdings sei ihm "keine Träne nachzuweinen".
(Quelle: Volksstimme, 06.11.2014)
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