„Eine GWA-Sitzung um 12 Uhr eignet sich vortrefflich, um Wahlkampf zu machen“

Seit 1998 engagieren sich Magdeburger in den sogenannten Arbeitsgruppen Gemeinwesenarbeit (GWA) in ihren Stadtteilen. Heute arbeiten mehr als 20 solcher Gruppen im Stadtgebiet – mit mehr oder weniger Erfolg. Der Rat ringt um Regularien.

 

Prinzipiell sei – darin sind sich die Stadträte weitgehend einig – die GWAIdee „eine Erfogsgeschichte“ (Oliver Müller, Linke). Mit Geld aus der Stadtkasse ausgestattet (immerhin mehr als 50 000 Euro pro Jahr) können Bürger in ihren Stadtteilen frei initiieren, was sie fürs Gemeinwesen für besonders dienlich halten. Vielfach werden Feste aus dem GWA-Fonds finanziert. „Prinzipiell geht es zwar nicht darum allein, aber wenn das auf Initiative der Bürger vor Ort geschieht, gut“, wertet Sven Nordmann (SPD). Aus eben seiner Fraktion stand zur jüngsten Ratssitzung ein Antrag unter dem Titel „Stärkung der Arbeitsgruppen Gemeinwesenarbeit“ auf der Tagesordnung, der – was der Titel nicht erwarten ließ – einigen Zündstoff barg.

Die Sozialdemokraten (und auch das sozialdemokratische Stadtoberhaupt) meinen nämlich mit Blick auf einen gewissen Wildwuchs und dauernd schwelende Konflikte in den Gruppen (wie zuletzt nach der Neugründung auf dem Werder), dass es einen „allgemeinverbindlichen Leitfaden für die Tätigkeit“ in den Gruppen brauche, samt Wahlordnung (für den Sprecherrat), einem Handlungsrahmen fürs Gründungs- und Auflösungsprozedere, für die Benennung, für die Versammlungen ... Räte von CDU und Grünen haben dagegen einige Sorge vor einer bürokratischen Überregulierung der Gruppen und davor, dass dem Bürger dann die Lust am freien Gestalten von Stadtteilarbeit verloren ginge. Was die Debatte hier und da pikant machte, ist der Umstand, dass Räte teils kräftig selbst in den GWA mitmischen und eine Trennung zwischen Bürgerbewegtheit im eigenen Stadtteil und Werbung fürs eigene Ratsmandat schwerfallen dürfte. Mario Grünewald (Linke) attackierte heftig den CDU-Fraktionschef im Rat: „Der Sprecher unserer Ottersleber GWA, Herr Schwenke, ist ja eigentlich ein netter Kerl, aber er legt seine GWA-Sitzungen auf Mittwoch 12 Uhr.“ Er, Grünewald, habe daran noch nie teilnehmen können, während sich der Termin für den Landtagsabgeordneten Schwenke „sicher vortrefflich eignet, um Wahlkampf in eigener Sache zu machen und zu politisieren“, Der Angesprochene, Wigbert Schwenke, verwahrte sich selbstredend gegen solche Vorwürfe und konstatierte, den Termin nicht allein festgelegt zu haben. Die Liberale Carola Schumann (längst nicht nur sie) sieht im Angesicht auch solcher Tagungszeiten und mancher Zerwürfnisse durchaus Bedarf nach einem Handlungsrahmen, der jedermann geregelte Beteiligung eröffnet. Am Ende erwärmte sich eine Mehrheit für den SPD-Antrag: Ein GWA-Leitfaden wird „gestrickt“, allerdings vielmehr un- als allgemeinverbindlich. Der für die Erarbeitung zuständige Sozialbeigeordnete Hans- Werner Brüning (Linke) gelobte: „Wir werden hier nichts überregulieren.“ (Quelle: Volksstimme)

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Kommentare: 1
  • #1

    Marcel Härtel (Freitag, 12 April 2013 20:54)

    „Handlungsrahmen“, „Wahlordnung“,„Regulierung“ - Schlagworte im politischen Ränkespiel kommunaler Politiker im Namen der Gemeinwesenarbeit in Magdeburg. Richtig ist, dass das Magdeburger Modell der Gemeinwesenarbeitsgruppen eine Erfolgsgeschichte bürgerlichen Engagements ist. Richtig ist, dass über 20 Gruppen erfolgreich, unter stadtteilrelevanten Aspekten arbeiten. Richtig ist, dass der Erfolg der Gruppen immer abhängig von den handelnden Personen ist. Als richtig scheint sich aber auch herauszustellen, dass sich immer mehr Leute zu Wort melden, die scheinbar nichts mit Gemeinwesenarbeitsgruppe anzufangen wissen. Warum dem so ist? Das sollten die Politiker beantworten, die auf dem Rücken ehrenamtlich wirkender Bürgerinnen und Bürger parteipolitische Grabenkämpfe ausfechten. 95 Prozent aller in GWA wirkenden Personen arbeiten überparteilich, projektbezogen, stadtteilrelevant und höchst engagiert für ihre Gruppe. Handlungsrahmen, Wahlordnung oder Regulierung stehen dabei nicht im Fokus, sondern „Was können wirfür unseren Stadtteil tun, um das Gemeinwesen zu verbessern?“ Wer sich profilieren möchte, ob politisch oder persönlich, sollte sich eine andere Bühne suchen.

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