Abriss verdrängt die Sanierung

Zum Abriss in Nord:

Jeder weiß, dass in ganz Deutschland Wohnungen rar sind, insbesondere bezahlbare. Also Sozialwohnungen. Und jeder weiß auch, dass sozialer Wohnungsbau so gut wie nicht stattfindet. Wohl aber das Gegenteil davon. Nämlich Abriss derselben.

Kaum sind erst im Stadtteil Neustädter See zwei zehngeschossige Blöcke dem Erdboden gleich gemacht worden, da beginnen gerade Bagger und Abrissbirne an einem 16-Geschosser in direkter Seelage ihr unheilvolles Werk. Der nun schon fünfte Wohnblock im Stadtteil Neustädter See. Auch auf der gegenüberliegenden Seite, im Stadtteil Kannenstieg, waren die „Rückbauer“ schon fleißig. Zusammengenommen sind allein in Magdeburg Nord Wohnungen eliminiert worden, die einer größeren Kleinstadt entsprechen. Wohlgemerkt, es handelt sich um solide, sanierungswürdige Bausubstanz. Das kann ich als Mann vom Fach einschätzen. Warum also nicht sanieren, wenn laut offizieller Statistik mindestens eine Million Wohnungen in Deutschland fehlen. Zu teuer, argumentieren die Wohnungsunternehmen. Freilich, wenn der Abriss gefördert wird, statt unsere Steuergelder in die Sanierung zu stecken. Welch Anachronismus!

Zu Zeiten des früheren Bauministers Karl-Heinz Daehre galt die Devise: Sanierung vor Abriss. Nun gehen die Wohnungs-Abriss-Strategen den umgekehrten Weg. Haben sie die künstliche Verknappung von Wohnraum im Blick? Sind für sie Ballungszentren wie München, Hamburg, Berlin und andere Großstädte Vorbild, wo man wegen der Wohnungsknappheit horrende Mieten kassieren kann? So wird Wohnen immer mehr zum Luxus. Weiteres Argument der Wohnungsunternehmen in Magdeburg: viele Leerstände. Das kann schon sein. Aber wer will schon über Jahrzehnte hinweg in einer unsanierten Platte wohnen. Wären unsere Steuergelder nicht besser in modernisiertem Wohnraum aufgehoben, statt in Abriss – neudeutsch „Rückbau“ genannt. Übrigens, gerade wird ein 16-Geschosser in Nord saniert, aber von einem privaten Investor! Dann muss es sich ja doch lohnen.

Dr. Ing. Björn Lindner,

Magdeburg

(Quelle: Volksstimme, 14.10.2016)

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Kommentare: 2
  • #1

    Susi einstein (Freitag, 14 Oktober 2016 07:06)

    Ich stimme Ihnen voll zu Herr Lindner. Ich könnte es nicht besser sagen.

  • #2

    Ron (Samstag, 15 Oktober 2016)

    Es mag darin liegen, dass ich zur Nachwende-Generation gehöre...aber die hässlichen Blöcke können gar nicht früh genug verschwinden, ab nun saniert oder unsaniert..von einer würdigen Architektur kann nie die Rede sein.
    Die Quadratmeterpreise liegen nun auch wirklich nicht mehr in Bereichen des "günstigen" oder "sozialen"...die "Blöcke" dienen als Cashcow, nichts anderes.
    Billiges Geld, null Investition.

    Ich könnte aus dem Stand 20 Blöcke benennen die einfach weg müssten, damit das Stadtbild endlich den Weg aus der DDR findet.

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