Nach der Erweiterung durch die Anlage „Africambo 2“ stehen Investitionen an der Schrote auf dem Plan
Der Zoo Magdeburg setzt nicht allein auf die Erweiterung. Es geht künftig auch um Forschung, um Kultur und eine Modernisierung der Anlagen an der Schrote. Im kommenden Jahr wird aber auch der Preis für das Tagesticket erhöht. Zoodirektor Dr. Kai Perret beantwortete Fragen von Martin Rieß.
Volksstimme: Das Verhalten der Tiere ist das eine. Das der Menschen das andere. Der Zoo muss immer wieder neue Wege finden, Besucher zu locken. Was wird die Zukunft in diesem Zusammenhang bringen, auch bei den Preisen?
Kai Perret: Wir werden mit der Eröffnung von Africambo 2 in eine Vermarktungsoffensive gehen. Dabei haben wir neben den Menschen aus unserer Region auch die aus Niedersachsen im Blick. Diese kommen gern zu uns, da bei uns für einen vergleichsweise kleinen Preis viel zu sehen ist. Um eine leichte Preiserhöhung werden wir mit der neuen Anlage aber nicht umhinkommen. Wir werden vom Preis her aber dennoch deutlich unter dem anderer vergleichbarer Zoos in Deutschland liegen. Mit der Eröffnung der neuen Anlage werden wir das Marketing verstärken. Allerdings kommen wir um eine Erhöhung der Eintrittspreise für Tagestickets von 9,50 auf elf Euro nicht herum. Die Jahreskarten sollen aber nicht teurer werden: Wir möchten die Bindung unserer treuen Besucher zu unserer Einrichtung stärken.
Der Zoo möchte seine Aktivitäten in Richtung Forschung intensivieren. Was genau planen Sie?
Wir haben bereits Fördermittel beantragt und arbeiten mit der Hochschule Magdeburg-Stendal, der United Nations University in Dresden und Nationalparks in Südafrika zusammen. Themen sind der Artenschutz und die Biodiversität - also die Vielfalt an Arten in einem Lebensraum. Wir möchten genauer erfahren, wie die Tiere in bestimmten Situationen reagieren und möchten beispielsweise Wasserstellen einrichten, um zu erfahren, wie sich Wanderrouten entwickeln. Für die Zusammenarbeit bringen die einzelnen Partner ihre Kompetenzen und ihre Mittel ein. Das Projekt soll von 2017 bis 2020 laufen und das Budget soll 1,6 Millionen Euro betragen. Für Zoos ist eine solch intensive Forschung auf diesem Gebiet Neuland. Ich denke, dass uns diese wissenschaftlichen Erkenntnisse voranbringen können.
Was das Renommee des Zoos angeht sicher. Doch wie sonst kann uns die Forschung in Südafrika voranbringen?
Zum einen ist bis heute das Leben von vielen Tieren in Südafrika nur unzureichend erforscht. In einer globalisierten Welt, in der unser Handeln einen Einfluss auf weit entfernte Kontinente hat, ist es eine Aufgabe für alle Menschen, gemeinsam Antworten auf offene Fragen zu finden. Zum anderen werden wir uns eben nicht allein auf die Erforschung exotischer Lebensräume konzentrieren. Unser Ziel ist es auch, Rückschlüsse auf unsere einheimische Tierwelt zu finden. Und da gibt es eine Reihe von offenen Fragen. Das fängt damit an, wie sich der Wolf bei seiner Rückkehr in unsere Kulturlandschaft verhält und was wir als Menschen tun müssen, um Konflikte zwischen Mensch und Tier zu vermeiden. Auf der anderen Seite ist für uns ebenfalls die Frage von größerer Bedeutung, wie sich neu zugewanderte Tier- und Pflanzenarten auf unsere heimische Umwelt auswirken.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit der Einrichtungen?
Seit mehreren Jahren habe ich einen Lehrauftrag für Ingenieurökologie an der Hochschule, der sich auch mit Themen wie den Wasserstellen beschäftigt. Es handelt sich um einen interdisziplinären Forschungsansatz zwischen Naturwissenschaftlern und Ingenieuren, auf dem wir jetzt aufbauen möchten. Zu den südafrikanischen Wildparks hat der Zoo Magdeburg darüber hinaus seit einigen Jahren sehr gute Kontakte. Dazu kam es im Zusammenhang mit unserer Zucht von Elefanten.
Was haben die Magdeburger von dem wissenschaftlichen Engagement?
Mit dem neuen Thema für uns und auch für die Hochschule wird sich eine Reihe von neuen Themen zum Beispiel für die Studenten ergeben, die hier in Magdeburg eine Abschlussarbeit schreiben möchten. Und es wird möglich sein, Magdeburg in einem für die Zukunft sehr wichtigen Thema zu etablieren. Dabei geht es darum, wie sich Wanderrouten von Wildtieren beeinflussen lassen. Und es geht um die Wildtiere, die in ihrem natürlichen Lebensraum vom Menschen ausgerottet wurden.
Mit diesen Themen sehe ich ein großes Potenzial für Magdeburg und seine wissenschaftliche Landschaft.
Der Erhalt von Tierarten in Zoos ist das eine. Dies in der Wildnis ist das andere. Inwiefern kann man aus den Erkenntnissen aus der einen Lebenswelt Rückschlüsse auf die andere ziehen?
Einmal davon abgesehen, dass wir uns im Rahmen des Forschungsprojektes eben nicht allein mit den Tieren in unserer Einrichtung befassen werden, ist das Verhalten von Tieren im Zoo dem in der Wildnis in vielen Bereichen vergleichbar. Beispiel Africambo 2: Hier werden neben den Elefanten auch Schwarzfußkatzen gehalten und gezüchtet. Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden für die Auswilderung in ihrer afrikanischen Heimat unbedingt benötigt.
Stichwort Elefanten: Wie werden die sich im neuen Africambo 2 verhalten?
Wir hoffen, dass die dann aus mehr Tieren bestehende Gruppe harmonisch zueinander finden wird. Aber das ist ein komplizierter Prozess. Die Zusammenführung von sozialen Gruppen insbesondere von Elefanten ist die Königsdisziplin in der Zootierhaltung. Wir werden einige Monate - möglicherweise sogar Jahre - benötigen, bis sich eine endgültige Struktur in der Gruppe eingestellt hat. Und das wiederum bedeutet, dass wir die Tiere ab November auf dem neuen Gelände halten werden, bevor dieses im Frühjahr 2017 offiziell eröffnet ist. Das bedeutet auch, dass unsere Besucher in dieser Zeit die Elefanten nur aus der Ferne sehen werden. Ohnehin werden die Elefanten auf der weitläufigen Anlage den Besuchern künftig wohl nicht mehr automatisch so nahe sein, wie bisher. Aber diese Perspektiven entsprechen damit ein wenig mehr der Wirklichkeit in der afrikanischen Wildnis. An erster Stelle steht bei der Einrichtung der Anlage bei uns auf jeden Fall die artgerechte Haltung.
Der Zoo Magdeburg fokussiert seinen Tierbestand derzeit auf Afrika. Das hat bereits die Eröffnung der Madagaskar-Anlage gezeigt. Fallen damit Tierarten weg?
Ganz und gar nicht. Wir erweitern vielmehr unseren Bestand. Und wenn wir auf eine Tierart, wie vor Jahren auf die Haltung von Flusspferden, verzichten, dann hat das züchterische Gründe. Im Falle der Flusspferde war in unserer Anlage eine artgerechte Haltung einfach nicht möglich - auch wenn diese Tiere natürlich in den Fokus Afrika gut hineinpassen würden.
Mit Veranstaltungen wie der Zoonacht gelingt es, viele Besucher anzulocken. Was wäre aus Ihrer Sicht über das bisherige Programm hinaus vielversprechend?
Als unseren Beitrag zur Kulturhauptstadtbewerbung planen wir, Theateraufführungen im Zoo zu etablieren. Ein sehr vielversprechendes Projekt ist derzeit mit dem Theater an der Angel in der Entwicklung. Wenn alles klappt, werden wir ab Mai ein in einem Zoo bisher noch nie gezeigtes neues Stück präsentieren können. Das Stück wird eigens für dieses Vorhaben geschrieben. Wir möchten die Biologie von Tieren in einem Theaterstück für die Menschen übersetzen. Zielgruppe sind Erwachsene, die auf humorvolle und hochkünstlerische Art und Weise mehr über unsere Tiere erfahren möchten. Und um es an dieser Stelle schon einmal zu verraten: Es geht in dem Theaterstück um das Sexualleben der Tiere. Ich hatte vor geraumer Zeit einen entsprechenden Vortrag ausgearbeitet. Und der wird immer wieder gern gebucht. Vor einem Jahr habe ich über das Sexualleben der Tiere vor Sportlern berichtet, bei einer anderen Gelegenheit bei einer Weihnachtsfeier im Finanzministerium. Und auch im Rahmen unserer öffentlichen Vorträge hier im Zoo kam das Thema sehr gut an. Für das Theater an der Angel und uns ist jetzt die Aufgabe, das Thema humorvoll auf eine andere Ebene zu bringen. Ich kenne keinen Zoo, der etwas Ähnliches schon einmal versucht hat. Wir starten mit zehn Aufführungen. Je nach Erfolg sind auch weitere Vorstellungen gut denkbar.
Neben Africambo 2 also auch neue Inhalte ganz anderer Art im kommenden Jahr. Wird es in den darauffolgenden Jahren ein Africambo 3 geben?
Nein. Aber die Entwicklung des Zoos wird fortgeführt. Derzeit wird dazu für den Stadtrat ein Beschlusspapier vorbereitet. Darin geht es auch um neue Anlagen im nordwestlichen Bereich an der Schrote. Dort befinden sich unter anderem Huftiergehege und die alte Adlervoliere. Diese Anlagen müssen zum Teil neu gestaltet und erweitert werden. Auch in diesem Bereich werden einige Zäune fallen, denn wir setzen auch dort auf neue Gemeinschaftsanlagen. Bei diesem Vorhaben zur Weiterentwicklung des Magdeburger Zoos geht es um eine Fläche von rund 1,5 Hektar, in die wir etwa 12 Millionen Euro investieren möchten. Die Arbeiten sollen sich über einen recht langen Zeitraum erstrecken: Sie beginnen nächstes Jahr und sollen 2024 abgeschlossen sein. Außerhalb dieses Gebietes stehen kleinere Vorhaben auf dem Plan. So soll der Krallenaffen- und Papageienbereich neu gestaltet werden.
(Quelle: Volksstimme, 02.09.2016)
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