Anschlag auf syrisches Geschäft

Polizei prüft in Magdeburg fremdenfeindliches Motiv / 120 000 Euro Schaden

Auf das Sonnenstudio eines Syrers ist in Magdeburg ein Brandanschlag verübt worden. Die Polizei prüft einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Es wurden Nazischmierereien hinterlassen.

Ungewöhnliche Geräusche hatten am Montagmorgen eine Anwohnerin geweckt. Gegen 3.15 Uhr sah sie, wie drei Männer die Scheibe an der Rückfront des Gebäudes einschlugen, worin sich das Solarium befindet. Kurze Zeit später sei es zu einer Explosion gekommen. Dann sah sie, wie sich das Feuer in dem Sonnenstudio ausbreitete. Die drei Männer flüchteten.

Als die ersten Polizisten vor Ort eintrafen, fanden sie nicht nur einen Brand vor, sondern auch rechtsradikale Schmierereien. An einer Wand entdeckten sie ein frisch mit roter Farbe aufgetragenes Hakenkreuz sowie den mit roter Farbe aufgetragenen Schriftzug „Raus“. Der hintere Bereich des Solariums stand zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig in Flammen.

Die Polizei prüft ein politisch motiviertes Motiv, teilte sie mit. Der Inhaber des Solariums ist ein 30-jähriger Magdeburger syrischer Nationalität.

„Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Tat einen völlig anderen Hintergrund hat“, sagte am Montagnachmittag Polizeisprecher Mike von Hoff. Auch ein Anschlag im Zuge einer Schutzgelderpressung sei möglich. Die Schmierereien könnten der Versuch sein, eine falsche Fährte zu legen. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, so der Polizeisprecher.

Der Betreiber des Sonnenstudios kam nach eigenen Angaben 2009 aus Syrien nach Deutschland. Er lebte zunächst in Halberstadt. Ein Jahr später sei er nach Magdeburg gekommen. Seit Juli 2015 betreibe er das Solarium im Norden Magdeburgs. „Es ist furchtbar“, meinte er gestern angesichts des Brandausmaßes.

Der angerichtete Schaden ist beträchtlich: Die Feuerwehr geht ersten Schätzungen zufolge von etwa 120 000 Euro aus. Personen wurden durch Feuer und Rauch nicht verletzt. Während der Brandbekämpfung mussten aber 33 Anwohner aus den Eingangsbereichen der unmittelbaren Nachbarschaft in Sicherheit gebracht werden. Die Polizei orderte wegen der niedrigen Temperaturen eigens einen Bus von den Magdeburger Verkehrsbetrieben an, um die Evakuierten vor der Kälte zu schützen. Kurz nach fünf Uhr konnten die Anwohner wieder in ihre gelüfteten Wohnungen zurückkehren. Die Wohnung direkt über dem Solarium ist derzeit unbewohnbar, die Familie fand vorerst privat Unterschlupf.

Sollte es sich bei dem Brandanschlag tatsächlich um eine Tat mit ausländerfeindlichem Hintergrund handeln, folgt sie einem traurigen Trend. In Sachsen-Anhalt wurden nach Angaben des Landeskriminalamtes seit Januar 182 politisch motivierte Straftaten gegen Ausländer verübt. Das entspricht einem Anstieg von 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Bereits am Freitag vergangener Woche hatte das Bundeskriminalamt in Wiesbaden auf die Steigerung rechter Gewalt verwiesen. So gab es in diesem Jahr bundesweit bereits mehr als 1800 fremdenfeindliche Straftaten, die sich insbesondere gegen Asylbewerber und Flüchtlinge richteten.

Im Falle des Magdeburger Brandanschlags ermittelt der Staatsschutz wegen schwerer Brandstiftung sowie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Gesucht werden Zeugen, die Angaben zur Tat selbst oder zu den Hintergründen machen können. Hinweise nehmen alle Polizeidienststellen entgegen.

Oberbürgermeister Lutz Trümper reagierte auf die Tat tief betroffen. In einer Mitteilung erklärte er: „Wir tolerieren es nicht, dass Rechtsextreme ihrem Hass auf Menschen aus anderen Ländern freien Lauf lassen. Es erfüllt mich mit Wut, dass solche Straftäter nicht davor zurückschrecken, fremdes Eigentum zu zerstören und Menschenleben in Gefahr zu bringen.“

Magdeburg solle stattdessen seinen Ruf als weltoffene Stadt verteidigen. Durch den Brandanschlag ist Magdeburg auch überregional wieder in den Medien vertreten.

(Quelle: Volksstimme, 15.11.2016)

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